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Vers la médiathèque 25.05.2014

Luxemburger Wort 25.05.2014

Wie Assistenzhunde Herrchen und Frauchen im Alltag unterstützen

Fleißige Helfer auf vier Pfoten
Die Vereinigung Rahna bietet Vierbeiner für Menschen mit Gehbehinderung, Diabetiker, Epileptiker und Hörgeschädigte an

Von Diane Lecorsais

Alain Nau mit Golden Doodle Dia, Tessy Wies mit Labrador Faustine: Sie sind zwei starke Teams, die ihren Alltag gemeinsam meistern und zusammen durch dick und dünn gehen. Dia und Faustine sind Assistenzhunde, die ihr Herrchen bzw. Frauchen tagtäglich im Alltag unterstützen, ihnen Sicherheit und Schutz bieten und rund um die Uhr aufpassen, dass ihrem Partner nichts passiert. In Luxemburg kümmert sich die Vereinigung Rahna seit über zehn Jahren um die Vermittlung von Assistenzhunden, verteidigt die Rechte ihrer Besitzer und zeigt der Öffentlichkeit, welche Aufgaben die Tiere erfüllen.

Während die Vereinigung die speziell ausgebildeten Hunde zunächst einzig an Menschen mit einer Gehbehinderung vermittelte, geht Rahna seit dem vergangenem Jahr neue Wege. Anlässlich ihres zehnten Geburtstags baute die Vereinigung zusätzlich zur Partnerschaft mit „Handi’Chiens” eine Zusammenarbeit mit einer deutschen Schule.

Stabile Seitenlage und Hilfe holen
Ein solcher Assistenzhund unterstützt seit einigen Monaten sein Herrchen Alain Nau. Alain leidet an Diabetes – und das weiß seine Assistenzhündin Dia. Mit ihrem ausgeprägten Geruchssinn bemerkt die Hündin frühzeitig, wenn ihrem Herrchen eine Unter- oder Überzuckerung droht. „Bei einer Unterzuckerung bringt Dia mir z.B. eine Cola”, erklärt Alain Nau. Zu den Aufgaben des Tieres zählen außerdem das Heranbringen des Messgeräts, das Warnen vor einer Über- bzw. Unterzuckerung durch Bellen und das Beschützen seines Partners vor Gefahren.

Wenn Alain bei einer drohenden Unter- oder Überzuckerung Treppensteigen möchte, zeigt der Hund ihm, dass dies gefährlich werden könnte. Und wenn er sich am Bahnhof aufhält und sich dem Bahnsteig zu sehr nähert, hindert ihn Assistenzhündin Dia daran.

Der Golden Doodle weiß auch, wie er im Falle eines Falles zu reagieren hat. So kann Dia ihren Partner, sollte dieser umkippen, in die stabile Seitenlage positionieren. „Anschließend läuft sie los, um Hilfe zu holen”, erläutert Alain Nau. Der Assistenzhund nähert sich dann dem nächsten Menschen, dem er begegnet, und macht durch Bellen auf den Notfall aufmerksam – jedoch nicht ohne eine gewisse Distanz zu wahren, damit der Passant nicht von dem doch recht großen Tier eingeschüchtert wird.

„Hausaufgaben” nach dem Training

„Dia kennt zirka 50 Kommandos”, fasst Alain zusammen. Diese erlernt sie im Rahmen ihres wöchentlichen Trainings, das ein professioneller Trainer mit ihr durchführt. Alain Nau bekommt jedoch stets auch „Hausaufgaben” für sich und Dia mit auf den Weg. Unter der Woche heißt es dann üben, üben und nochmals üben. Insgesamt dauert die Ausbildung für den Diabetiker-Assistenzhund zwei Jahre. Ob der Hund sich überhaupt für diesen „Job” eignet, wird indes schon kurz nach der Geburt ermittelt: Binnen 24 Stunden wird getestet, ob der Vierbeiner als Assistenzhund arbeiten kann oder nicht. Im Alter von acht Wochen zog Dia dann bei Alain ein.

Bei Tessy Wies’ Labrador Faustine war die Prozedur etwas anders. Die Assistenzhündin für Menschen mit einer Gehbehinderung wurde ebenfalls unmittelbar nach ihrer Geburt getestet. Anders als bei Dia, ging es für Faustine jedoch nach zwei Monaten erstmal zu einer „famille d’accueil”, wo sie während 16 Monaten rund 30 Kommandos erlernte. Erst danach zog die Hündin bei ihrem Frauchen ein und es folgten während sechs Monaten letzte „Feinschliff”-Übungen. Als Assistenzhund für Menschen mit motorischen Einschränkungen erfüllt Faustine ganz andere Aufgaben als Dia. So hilft die Labradorhündin ihrer Besitzerin beim Treppensteigen. Fällt Tessy etwas zu Boden, so hebt Faustine es auf. Die Hündin kann auch Betten abziehen, ihrem Frauchen beim Umziehen behilflich sein, etwas aus dem Keller holen oder die Lichtschalter betätigen.

„Keine Spielgefährten”
Eines stellen die beiden Besitzer jedoch klar: „Assistenzhunde sind Arbeitshunde – keine Spielgefährten!” Die Ausbildung sei demnach mit sehr viel Arbeit verbunden, Herrchen bzw. Frauchen muss konsequent bleiben und die verschiedenen Aufgaben tagtäglich mit dem Hund üben. „Es ist natürlich nicht alles aus Gold. Wir müssen mit den Hunden einen strengen Plan befolgen”, erklärt Tessy Wies.

Ihre Hündin darf denn auch z. B. nur Hundefutter essen, das Spielen mit anderen Vierbeinern ist tabu, Fremde sollten den Hund nicht streicheln. Faustine muss sich voll und ganz auf ihre Partnerin konzentrieren. „Natürlich dürfen unsere Hunde auch spielen”, erläutert Alain Nau – „wenn wir ihnen ,freigeben’ .” Und auch beim Training sei alles auf dem Spiel aufgebaut. „Der Hund möchte mit dir ein Team bilden, und dass es dir gut geht”, erklärt Tessy Wies. „Es motiviert ihn, zu sehen, inwiefern er dir behilflich ist.” Ein weiterer Ansporn sind natürlich die Leckerlis, mit denen die treuen Begleiter belohnt werden.

Sicherheit und Unabhängigkeit

Seit Alain Nau und Tessy Wies ihren jeweiligen Vierbeiner an ihrer Seite haben, hat sich ihr Alltag erheblich verbessert. Zwar bedeute mit einem Assistenzhund unterwegs zu sein auch, sich in einem gewissen Sinne „zu outen”. Oft wird ein Handicap nämlich erst dadurch sichtbar, dass die Person mit einem Assistenzhund unterwegs ist.

Doch beide fühlen sich beschützt – und sind autonom. „Ich fühle mich sicherer und gehe viel öfter nach draußen”, erzählt Alain Nau. Auch für seine Familie hat der Assistenzhund eine große Bedeutung. Seine Angehörigen sind viel beruhigter, seit Assistenzhündin Dia auf ihn aufpasst. Bei Tessy Wies verhält es sich ähnlich: „Ich bin sieben Jahre lang nirgends mehr hingegangen, aus Angst, es könnte etwas passieren. Jetzt ist da eine Motivation. Du weißt, dass du nicht alleine bist. Und dass jemand da ist, wenn dir zum Beispiel deine Schlüssel herunterfallen.”

So funktioniert die Vereinigung Rahna

  • Rahna ist eine gemeinnützige Vereinigung, die Assistenzhunde an Menschen mit einer Gehbehinderung, Menschen mit Typ 1 Diabetes, Menschen mit Epilepsie sowie an Personen mit einer Hörschädigung vermittelt (Blindenführhunde werden hierzulande durch eine andere Organisation, „Chiens guides d’aveugles au Luxembourg”, vermittelt). Die Anschaffungskosten für den Assistenzhund (bis zu 25 000 Euro) und die Kosten für seine Ausbildung werden von Rahna übernommen. In bestimmten Fällen übernimmt Rahna ebenfalls einen Teil der Tierarztkosten.
  • Rahna ist ein eingetragener Verein und wird hauptsächlich durch Spendengelder finanziert. Sämtliche Spenden sind steuerlich absetzbar. Wer Rahna unterstützen möchte, kann dies tun mit einer Spende auf das Konto BCEELULL LU 0019 1555 4193 9000. Geführt wird die Vereinigung von ehrenamtlichen Helfern.
  • Die Assistenzhunde, die Rahna vermittelt, werden vom Familien- und Integrationsministerium offiziell als solche anerkannt und haben in Luxemburg laut Gesetz Zugang zu allen öffentlichen Räumen. Ein Abzeichen kennzeichnet sie als Assistenzhunde.
  • Um einen Assistenzhund zu bekommen, muss man sich zunächst durch Einsenden eines Motivationsschreibens bei Rahna bewerben. Rahna besucht den Bewerber anschließend zu Hause und prüft, ob der Einsatz eines Assistenzhundes möglich ist. Danach nimmt sich die jeweilige Hundeschule des Dossiers an. Bedingung für eine Unterstützung durch Rahna ist, dass man in Luxemburg wohnhaft ist. Außerdem sollte man natürlich Hunde mögen und bereit sein, Zeit in die Ausbildung des Tieres zu investieren. Nicht jeder eignet sich demnach für einen Assistenzhund. Hundeerfahrung ist nicht zwingend notwendig. Assistenzhunde können zusammen mit anderen Hunden gehalten werden.
  • Weitere Informationen über Rahna, die genauen Prozeduren und die verschiedenen Arten von Assistenzhunden gibt es im Internet: www.rahna.lu