Tiere trösten, hören zu, verurteilen und werten nicht: Vierbeiner sind für viele ältere Menschen ein Gewinn für ihre Lebensqualität.
Servior zieht Zwischenbilanz über den Einsatz von Assistenzhunden
Labrador-Mädchen Vouba ist seit fünf Jahren im Echternacher Pflegeheim aktiv
Seit ein paar Jahren wird auch in Luxemburg immer öfter auf Assistenzhunde gesetzt. Sie können nicht nur Sehbehinderte führen oder Personen mit Behinderungen helfend zur Seite stehen, sondern auch vieles durch ihre bloße Präsenz bewirken. Nachdem die Organisation „Rahna“, die sich für die Ausbildung und Finanzierung von Assistenzhunden einsetzt, vor kurzem ihr zehnjähriges Bestehen gefeiert hatte, zog nun Servior als größter Anbieter von Alten- und Pflegeheimen Zwischenbilanz über den Einsatz „ihrer“ Rahna-Hunde.
Bei der Gesellschaft Servior, die landesweit elf Altenheime (Cipa), vier Pflegeheime und eine Seniorenresidenz mit insgesamt rund 1 600 Betten betreibt, stehen derzeit fünf Assistenzhunde im Dienst der Senioren. Bei den Hunden handelt es sich um Labradore und Golden Retriever, die bekannt sind für ihr gutmütiges und freundliches Wesen.
Sie sind bei Spaziergängen dabei, beim Seniorenturnen und Zeitunglesen. Neben diesen Gruppenaktivitäten können sie auch individuell eingesetzt werden: einfach nur zum Schmusen oder etwa zur Aggressionsminderung. Auf Wunsch kann der Hund den älteren Menschen in seinem Zimmer besuchen. Auch Einsätze in der Sterbebegleitung sind möglich.
Pionierarbeit leistete dabei das Altenheim „Belle-Vue“ in Echternach, wo bereits seit dem Jahr 2007 das Labrador-Mädchen Vouba eingesetzt wird. „Meine Arbeit wurde viel leichter“, sagte die „aide-soignante“ Jeanne Bourg, die Vouba in deren „Freizeit“ meistens bei sich zu Hause hält, schon im April 2008 in einem Artikel im „Luxemburger Wort“. Dies gelte nicht nur für die Betreuung der Bewohner, für das Waschen und den Sport, sondern auch für die Bekanntschaften zwischen den Bewohnern des Altenheims.
Vier Jahre später ist Vouba aus dem Alltagsleben im Altenheim nicht mehr wegzudenken, wie Stationsleiter Dan Katzenmeier betont. Der Hund verbringe täglich acht Stunden im Haus, einen festen Dienstplan habe er nicht. Durch seine reine Anwesenheit vermittele er den Bewohnern Freude, Geborgenheit und Abwechslung.
„Über den Hund fällt es leichter, Kontakt aufzunehmen“, stellt Dan Katzenmeier fest. Die Vierbeiner seien „Brückenbauer und Eisbrecher“. So liefere schon die einfache Feststellung „Dat ass awer e léift Déier“ Gesprächsstoff. Darüber hinaus könne ein Hund aber auch bewirken, dass sich ein älterer Mensch seinem Umfeld wieder öffnet. „Denn Tiere trösten, hören zu, verurteilen und werten nicht. Man kann sie streicheln, sie spenden Wärme und kuscheln sich an einen. Dadurch tragen die Hunde zur Steigerung des Selbstwertgefühls und der Lebensqualität bei.“
Dan Katzenmeier merkt auch an, dass die Tiere eine wichtige Motivationsquelle darstellen: „Ist Vouba beim Spaziergang dabei, sind deutlich mehr Teilnehmer präsent.“ Beim Sport übernimmt die Hündin Aufgaben, wie etwa den Ball zurückbringen. „Komischerweise fällt der Ball viel öfter daneben, wenn Vouba dabei ist“, so Dan Katzenmeier lachend.
Ausgebildet werden die Tiere in einem langwierigen Prozess in Frankreich bei „Handi’chiens“, bevor sie zu ihren endgültigen Haltern kommen. In den Alten- und Pflegeheimen haben die Hunde jeweils zwei Hauptbezugspersonen, bei denen sie außerhalb der „Bürostunden“ wohnen. Auch die Hundehalter müssen im Vorfeld geschult werden, damit Tier und Mensch die gleiche Sprache sprechen.
Doch die Mühe lohnt sich, da sie mehrere Dutzend Kommandos beherrschen können. Diese reichen von „Assis!“ über „Couché!“ und „Pas bouger!“ bis hin zu Kommandos wie „Strümpfe ausziehen!“, „Tür öffnen!“, oder „Einkaufstasche tragen!“. Als Begleithunde für behinderte Menschen können die Vierbeiner diesen somit zu mehr Selbstständigkeit verhelfen.
Und was passiert, wenn die älteren Menschen Angst vor Hunden haben oder sie einfach nicht mögen? „Dann vermeidet Vouba den Kontakt mit ihnen“, erläutert Dan Katzenmeier. Doch dies sei sehr selten: „Von unseren 73 Bewohnerinnen und Bewohnern haben sich anfänglich drei als hundescheu geoutet. Jetzt ist es nur noch einer.“ (C./raz)
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Verlag: Luxemburger Wort Publikation: Luxemburger Wort
Ausgabe: Nr.276 Datum: Montag, den 26. November 2012
Seite: Nr.18